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MeyerGunnar Meyer
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Kommunalabgabenrecht - 01.06.2023

Wie das Erschließungs- und Ausbaubeitragsrecht ein und dasselbe Grundstück manchmal unterschiedlich behandelt…

Der Klassiker ist das Außenbereichsgrundstück. Stellt die Gemeinde die angrenzende Straße erstmalig her, darf sie das Außenbereichsgrundstück nicht mit Erschließungsbeiträgen belasten. Erneuert oder verbessert die Gemeinde die Straße später, darf sie das Außenbereichsgrundstück aber mit Straßenausbaubeiträgen belasten. Die Gründe: Der Vorteil, den ein Erschließungsbeitrag abgilt, bezieht sich auf den Vorteil des nun wegemäßig erschlossenen und damit bebaubaren Grundstücks. Ein Außenbereichsgrundstück ist aber von vornherein nicht bebaubar. Der Vorteil, den ein Ausbaubeitrag abgilt, bezieht sich dagegen allein auf die Verbindung des Anliegergrundstücks zur erneuerten oder verbesserten Straße. Dessen Bebaubarkeit ist hierfür unerheblich.

Erschließungs- und Ausbaubeitragsrecht können aber auch im Innenbereich auseinanderfallen. Zum Beispiel, wenn in der Anliegerstraße eines Wohngebietes ein absolutes Halteverbot gilt.

Ein absolutes Halteverbot kann einem Grundstück die wegemäßige Erschließung und damit die Bebaubarkeit abschneiden, wenn Kfz nicht an oder sogar auf das Anliegergrundstück fahren können. Dann kann selbst ein Grundstück im Innenbereich von Erschließungsbeiträgen verschont bleiben. Soweit, so unstreitig.

Letztes Jahr übertrugen die Oberverwaltungsgerichte (OVG) von Sachsen (Urteil vom 04.05.2022, Az.: 5 A 1425/18) und Schleswig-Holstein (Urteil vom 08.09.2022, Az.: 2 LB 3/22) diesen Gedanken aber nicht auf das Ausbaubeitragsrecht. Damit grenzten sie sich vom Thüringischen OVG ab, das diesbezüglich einen Gleichklang von Erschließungs-und Ausbaubeitragsrecht annimmt (Beschluss vom 25.09.2013, Az.: 4 EO 1205/10).

Ein anliegendes Wohngrundstück sei in Sachsen und Schleswig-Holstein auch dann vom Straßenausbau bevorteilt, wenn Kfz nicht bis an das Anliegergrundstück heranfahren könnten. Eine fußläufige Erreichbarkeit genüge. Trotz des Halteverbotes in engen und unübersichtlichen Stellen nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO könnten Fußgänger das Wohngrundstück über die ausgebaute Straße noch betreten. Laut OVG Schleswig-Holstein sei ein Wohngrundstück noch fußläufig erreichbar, wenn es weniger als 35m von der nächsten Parkmöglichkeit entfernt liege.

Das Niedersächsische OVG hat zu dieser besonderen Fallgestaltung eines absoluten Halteverbotes im Wohngebiet noch nicht abschließend Stellung genommen. Da das Niedersächsische OVG eine fußläufige Erreichbarkeit für Wohngrundstücke ebenfalls ausreichen lässt (z.B. im Urteil vom 26.05.2020, Az.: 9 LC 121/18), würde es sich den Urteilen aus Sachsen und Schleswig-Holstein vermutlich anschließen.