Ulrich Conrady
Rechtsanwalt
Fachanwalt für
Arbeitsrecht
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Seit Ende Januar 2022 liegt der Referentenentwurf des Mindestlohnerhöhungsgesetzes vor. Es spricht derzeit alles dafür, dass die Erhöhung des Mindestlohnes auf 12,00 € brutto/Stunde, beginnend zum 01.10.2022, umgesetzt wird. Für einen in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmer (40 Stunden/Woche bzw. 173,33 Stunden/Monat) bedeutet dies eine Mindestvergütung von knapp 2.080,00 € brutto/Monat.
Für die Arbeitgeber ist außer der Zahlung (mindestens) des erhöhten Mindestlohns arbeitsrechtlich nichts weiter zu veranlassen.
Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer die Erhöhung der Vergütung nicht gemäß § 3 Nachweisgesetz in Schriftform mitzuteilen. Denn der Arbeitsvertrag ändert sich nicht. Soweit der gesetzliche Mindestlohn höher ist als das vertraglich vereinbarte Entgelt, wird der bisherige („zu niedrige“) vertragliche Anspruch lediglich gesetzlich aufgestockt (gesetzlicher Aufstockungsanspruch).
Die Arbeitgeber müssen ihre Arbeitsverträge mit den geringfügig Beschäftigten (in der Regel) nicht anpassen. Denn gleichzeitig mit dem Mindestlohnerhöhungsgesetz wird durch ein weiteres Gesetz die Geringfügigkeitsgrenze von derzeit 450,00 € brutto/Monat auf 520,00 € brutto/Monat angehoben werden. Auf diese Weise bleiben auch die meisten geringfügigen Beschäftigungen, die die 450,00 € brutto/Monat nach altem Mindestlohn ausgeschöpft haben, ohne Absenkung der Arbeitszeit geringfügig.
Angedacht ist bei künftigen Erhöhungen des Mindestlohns eine proportionale Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze.
Die Erhöhung des Mindestlohns kann dazu führen, dass in bestehenden Entgeltsystemen die unteren Entgeltgruppen unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns liegen. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall - selbstverständlich - den gesetzlichen Mindestlohn zahlen.
Der Arbeitgeber muss jedoch die oberhalb des Mindestlohns liegenden Entgeltgruppen nicht entsprechend aufstocken; es besteht keine gesetzliche Pflicht, das ursprüngliche, relative Verhältnis zwischen den Entgelten der verschiedenen Entgeltgruppen durch (proportionale) Aufstockung aller Entgeltgruppen („Angleichung nach oben“) wiederherzustellen. Er wird dies jedoch möglicherweise „freiwillig“ tun, um die Stimmigkeit des Systems wiederherzustellen.
Da der Mindestlohn ein gesetzlicher Anspruch ist, den der Arbeitgeber nicht bestimmt, sondern aufgrund der gesetzlichen Vorgabe zu erfüllen hat, besteht auch kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zur betrieblichen Lohngestaltung (§ 87 Abs. 1 BetrVG). Dies hat das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 27.04.2021 (1 ABR 21/20) klargestellt.
Gesamt betrachtet macht der neue Mindestlohn das Dutzend voll, ohne in arbeitsrechtlicher Hinsicht weiter zu „verdutzen“ :)