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KlieSebastian Klie
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
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Das Ende der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung

Baurecht - 04.12.2019

Ein Auftraggeber beauftragte den Auftragnehmer mit Abbruchleistungen auf Grundlage eines VOB/B-Vertrages. Der Auftragnehmer hatte für die „Entsorgung von Bauschutt" einen Einheitspreis von 462 €/t angeboten. Ausgeschrieben war eine Menge von 1 t.

Während des Bauvorhabens stellte sich heraus, dass der Auftragnehmer anstatt der ausgeschriebenen Menge von 1 t insgesamt 83,92 t Bauschutt entsorgen musste. Der Auftragnehmer verlangte für die Mehrmengen den angebotenen Einheitspreis von 462 €/t, der Auftraggeber forderte hingegen die Bildung eines neuen Einheitspreises auf Grundlage der tatsächlichen Kosten.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden (Urteil vom 08.08.2019 – VII ZR 34/18), dass der Einheitspreis für Mehrmengen, die den vereinbarten Mengenansatz um mehr als 10 % überschreiten, anhand der tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich eines angemessenen Zuschlags zu beziffern ist. Nur für 110% des ursprünglichen Mengenansatzes verbleibt es bei dem vertraglich vereinbarten Einheitspreis.

Damit erteilt der Bundesgerichtshof der kalkulatorischen Preisfortschreibung, d. h. der Erhaltung des ursprünglich vereinbarten Preisniveaus nach dem Grundsatz „Guter Preis bleibt guter Preis; schlechter Preis bleibt schlechter Preis", eine Absage.

§ 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B regelt zwar, dass für Mehrmengen ein neuer Preis zu vereinbaren ist. Allerdings bestimmt diese Vorschrift nicht, dass das ursprüngliche Preisniveau auch für die Mehrmengen gelten soll. Ein Bauvertrag, der die Vergütung der Mehrmengen nicht regelt, ist deswegen ergänzend auszulegen. Der Bundesgerichtshof kommt dabei zu dem Ergebnis, dass eine Preisbildung auf Grundlage der tatsächlichen Kosten interessengerecht ist.

Wollen die Parteien eines Bauvertrages das vereinbarte Preisniveau auch für Mehrmengen beibehalten, müssen sie dies zukünftig ausdrücklich im Vertrag regeln.