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Der Pflichtteilsergänzungsanspruch und seine Tücken

Erbrecht - 05.05.2017

Die meisten Verfasser letztwilliger Verfügungen (Testament und Erbvertrag), die einen Pflichtteilsberechtigten (insbesondere Ehefrau, Kinder) „enterben“ wollen, kennen das Schlagwort „Pflichtteil“. Dieser beträgt 1/2 des Erbteils gemäß gesetzlicher Erbfolge.

Weniger bekannt sind die sogenannten Pflichtteilsergänzungsansprüche. Diese Ansprüche sollen verhindern, dass durch Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten weniger verteilungsfähige Erbmasse verbleibt und dadurch der Pflichtteilsanspruch des Übergangenen ausgehöhlt wird.

Gemäß § 2325 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn ein verschenkter Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird. Eine Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jeden weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils 1/10 weniger berücksichtigt (ratierliche Abschmelzung über 10 Jahre). Sind 10 Jahre seit der Schenkung vergangen, gibt es keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch mehr.

Ganz wenige wissen nur noch, dass die 10-Jahresfrist gar nicht erst zu laufen beginnt, wenn wirtschaftlich noch keine vollwertige Schenkung vorliegt. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn ein Mietwohngrundstück mit Nießbrauchsvorbehalt zugunsten des Schenkers übertragen wird. In derartigen Fällen greift der Pflichtteilsergänzungsanspruch - auch nach Ablauf der 10 Jahre - voll durch. Ohne fachkundige Beratung können derartige Themen kaum rechtssicher gestaltet werden.