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StaatsRoberta Staats
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Digital first: BAG kippt Anspruch auf Gehaltsabrechnung in Papierform

Arbeitsrecht - 06.05.2025

Arbeitgeber sind gemäß § 108 Abs. 1 der Gewerbeordnung bei Zahlung des Arbeitsentgelts dazu verpflichtet, eine Abrechnung in Textform zu „erteilen“. Inzwischen stellen viele Unternehmen den Arbeitnehmern die Entgeltabrechnungen nicht mehr in Papierform, sondern über externe Anbieter in einem digitalen passwortgeschützten Mitarbeiterpostfach zur Verfügung. Ob Arbeitgeber hiermit ihre gesetzliche Verpflichtung zur Erteilung der Abrechnung erfüllen, war die zentrale Frage der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28.01.2025 – Az. 9 AZR 48/24.

Im konkreten Fall hatte eine Arbeitnehmerin der Übermittlung über das digitale Postfach widersprochen und eine Übersendung der Abrechnung in Papierform verlangt. Die Vorinstanzen waren sich uneinig. Während das Arbeitsgericht Brauschweig der Arbeitgeberin Recht gab und eine ordnungsgemäße Erteilung der Entgeltabrechnung über ein elektronisches Mitarbeiterpostfach bejahte, stellte sich das Landesarbeitsgericht Niedersachsen auf die Seite der Arbeitnehmerin. Es hat angenommen, Entgeltabrechnungen seien der Arbeitnehmerin durch Einstellen in das Online-Portal nicht (ordnungsgemäß) erteilt worden. Bei Entgeltabrechnungen handele es sich um zugangsbedürftige Erklärungen. Ein digitales Mitarbeiterpostfach sei nur dann als Empfangsvorrichtung geeignet, wenn der Arbeitnehmer – anders als die Klägerin im Streitfall – dieses für den Erklärungsempfang im Rechts- und Geschäftsverkehr bestimmt habe.

Die Revision der Arbeitgeberin vor dem Bundesarbeitsgericht hatte Erfolg: Erteilt der Arbeitgeber Entgeltabrechnungen, indem er diese in ein digitales Mitarbeiterpostfach einstellt, wahrt er damit grundsätzlich die von § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO vorgeschriebene Textform. Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Abrechnung seines Entgelts ist eine sog. Holschuld, die der Arbeitgeber erfüllen kann, ohne für den Zugang der Abrechnung beim Arbeitnehmer verantwortlich zu sein. Es genügt, dass er die Abrechnung an einer elektronischen Ausgabestelle bereitstellt. Eine Zustimmung des Arbeitnehmers zur digitalen Abrechnung ist nicht erforderlich. Allerdings muss der Arbeitgeber bei Arbeitnehmern, die keinen Zugriff auf ein elektronisches Mitarbeiterpostfach haben, die Gehaltsabrechnungen in anderer, „konventioneller“ Form erteilen.

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts stellt einen wichtigen Schritt in Richtung Digitalisierung dar und dürfte für die Unternehmenspraxis ein überraschender und begrüßenswerter Impuls sein.