News

Drum prüfe, wer sich entbindet!

Architekten- und Ingenieurrecht - 07.03.2023

Sofern die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart ist, ist § 4 Abs. 7 VOB/B mit dem Recht zur Kündigung wegen Nichtbeseitigung von Mängeln unwirksam. Welche Auswirkungen hat dies auf gleichwohl erklärte Kündigungen?

In vielen vom Auftraggeber gestellten Bauverträgen wird die VOB/B als Vertragsgrundlage vereinbart. Im Vertrag oder deren zusätzlichen Bedingungen gibt es aber Änderungen zu den Regeln der VOB/B (z. B. Abschlagszahlungen nur in Höhe von 90 %, Nachtragsvergütung nur nach schriftlicher Beauftragung, Ausschluss der fiktiven Abnahme usw.). Wenn es derartige Regelungen gibt, ist die VOB/B eine normale allgemeine Geschäftsbedingung, die der richterlichen Inhaltskontrolle unterliegt. In einem solchen Fall hatte der BGH zu entscheiden, ob einem Auftraggeber Anspruch auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten für die Beseitigung durch einen Dritten, nach §§ 4 Abs. 7, 8 Abs. 3 VOB/B, zusteht. Der Auftraggeber hatte die förmlichen Voraussetzungen hierfür eingehalten. Er hat dem Auftragnehmer eine Nachfrist mit Kündigungsandrohung wegen vor der Abnahme vorhandener Mängel gesetzt und nach fruchtlosem Fristablauf gekündigt. Der BGH entschied in einem aktuellen Urteil aber, dass die Regelung des § 4 Abs. 7 VOB/B eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers und deshalb unwirksam ist. Eine Kündigung kann hierauf daher nicht gestützt werden!

Die Regelung in § 4 Abs. 7 ermöglicht auch bei unwesentlichen Mängeln das Kündigungsrecht allein wegen des fruchtlosen Fristablaufs zur Beseitigung. Dies ist mit der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren. Hiernach gibt es vor der Abnahme keine Mängelrechte, z.B. das Selbstvornahmerecht nach § 637 BGB. Vor Abnahme kann eine Kündigung nur aus wichtigem Grund ausgesprochen werden. Das Vorliegen von Mängeln allein und der fruchtlose Fristablauf nach einer Aufforderung zur Beseitigung ist dafür nicht ausreichend. Notwendig ist eine Pflichtverletzung, die es dem Auftraggeber unzumutbar macht, das Vertragsverhältnis mit dem Auftragnehmer fortzusetzen. Hierzu ist eine umfangreiche Interessenabwägung im Einzelfall notwendig. Das Urteil gilt auch für in der Vergangenheit ausgesprochene Kündigungen. Diese müssen also im Nachhinein darauf untersucht werden, ob es einen wichtigen Kündigungsgrund gegeben hat. Anderenfalls werden sich die Kosten der Ersatzvornahme und Mehrkosten der restlichen Fertigstellung nicht als Schadensersatz durchsetzen lassen. Bitte sprechen Sie uns im Bedarfsfall an.