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GulichDr. Joachim Gulich LL.M.
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Einmal inhouse, immer inhouse?

Vergaberecht - 08.01.2024

(Vorlagebeschluss des OLG Düsseldorf vom 16. Juni 2023 - VII-Verg 29/22)

Kann ein öffentlicher Auftrag ausschreibungsfrei geändert werden, den der öffentliche Auftraggeber außerhalb des Vergaberechts inhouse vergeben hatte, die Voraussetzungen für die Inhouse-Vergabe zum Zeitpunkt der Vertragsänderung aber nicht mehr vorliegen?

Die Tank & Rast Gruppe GmbH & Co. KG ist Konzessionärin für den Betrieb der Tankstellen und Raststätten an den Bundesautobahnen. Der Bund erweiterte ohne Ausschreibung die teilweise 30 Jahre alten Konzessionsverträge um den Betrieb von Schnellladepunkten für Elektrofahrzeuge. Zwei Betreiber von Lade-Infrastrukturen für Elektrofahrzeuge haben dagegen ein Nachprüfungsverfahren angestrengt.

Die Vergabekammer des Bundes ordnete den Betrieb der Schnellladepunkte bei funktioneller Betrachtung als „Tanken von Strom“ und damit als unwesentliche Änderung der Konzessionsverträge i.S.d. § 132 GWB ein. Die „Inhouse“-Fähigkeit der Konzessionärin hat die Vergabekammer nicht problematisiert.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit Beschluss vom 16. Juni 2023 (VII-Verg 29/22) dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt (Rechtssache C-452/23), ob diese geschmeidige Vertragsänderung unterhalb des vergaberechtlichen Radars noch funktioniert. Denn die Konzessionärin ist seit 1998 nicht mehr Tochtergesellschaft des Bundes, sondern liegt vollständig in privater Hand. Damit sind die Voraussetzungen der (ursprünglich) vergaberechtsfreien „Inhouse“-Vergabe erloschen.

Wann der EuGH entscheidet, ist offen. Rechtlich lassen sich beide Varianten argumentieren. Bis dahin werden Vergabestellen, die vor vergleichbaren rechtlichen Herausforderungen stehen, erhöhte Sorgfalt und Phantasie anwenden. Dazu zählt neben der Kontrollüberlegung, ob die Erweiterungs-/Ergänzungsleistung nicht separat im Wettbewerb vergeben werden kann, die Nutzung der vergaberechtlichen Transparenzoptionen (Stichwort: Ex-Post-Bekanntmachung nach § 132 Abs. 5 GWB), um Risiken einer Überprüfung zu reduzieren.