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ConradyUlrich Conrady
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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Entscheidung des BAG zur Erfassung der Arbeitszeit: Nur ein leiser Paukenschlag für die Praxis

Arbeitsrecht - 05.10.2022

Der EuGH hatte am 14.05.2019 in seinem so genannten CCOO-Urteil (AZ: C-55/18 - irreführend auch „Stechuhr-Urteil“ genannt) entschieden, dass die Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten müssen, ein 

objektives, verlässliches und zugängliches System einzuführen, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann.“ 

Der EuGH ging davon aus, dass die „Arbeitszeiterfassungspflicht“ erst noch durch den nationalen Gesetzgeber begründet und konkretisiert werden muss. Dies war auch bislang die herrschende Meinung.

Das BAG hat nunmehr am 13.09.2022 (AZ: 1 ABR 22/21) unter dem Eindruck des CCOO-Urteils und über dieses hinausgehend entschieden, dass der Arbeitgeber bei unionsrechtskonformer Auslegung von § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG und damit bereits nach aktuellem Recht gesetzlich verpflichtet sei, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zu erfassen. 

Das Urteil bedeutet jedoch nicht, dass jeder Arbeitgeber ab sofort eine mechanische oder elektronische Stechuhr einführen müsste. Festgestellt hat das BAG allein, dass die Arbeitszeit erfasst werden muss, jedoch nicht auf welche Weise. Die betriebliche Wirklichkeit und die betrieblichen Möglichkeiten sind vielgestaltig. Die Vorgaben des EuGHs sind allgemein formuliert und damit interpretationsbedürftig. 

Durch dieses Urteil ausgeschlossen zu werden scheint zunächst allein die (in der Arbeitswelt seltene) echte Vertrauensarbeitszeit, in der der Arbeitgeber auf jegliche Aufzeichnung von Arbeitszeiten verzichtet bzw. diese unterlässt. 

Aus diesem Grund ist der Paukenschlag derzeit noch leise. Das Urteil mit Gründen und die weiteren Reaktionen auf dieses bleiben mit Spannung abzuwarten.