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ConradyUlrich Conrady
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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Freiwillige Betriebsvereinbarungen - unfreiwillige Nachwirkung

News - 01.07.2009

Arbeitnehmern werden häufig im Rahmen einer Betriebsvereinbarung zusätzliche Leistungen (zum Beispiel ein Weihnachtsgeld) zugesagt. Besteht auf diese Leistung nach dem Arbeitsvertrag/Tarifvertrag kein Rechtsanspruch, wird also durch die Betriebsvereinbarung der Anspruch des Arbeitnehmers erst begründet, handelt es sich um eine freiwillige Leistung. Hierbei steht dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nur hinsichtlich des „Wie“ der Leistung/der Verteilungsgrundsätze zu, nicht jedoch hinsichtlich des „Ob“ der Leistung und des Gesamtvolumens (teilmitbestimmte Betriebsvereinbarung).

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) konnte der Arbeitgeber eine solche Betriebsvereinbarung kündigen, ohne dass diese Nachwirkung entfaltete („Der Herr hat´s gegeben, der Herr hat`s genommen“). Etwas anderes galt nur dann, wenn die Nachwirkung in der Betriebsvereinbarung ausdrücklich vereinbart worden war. Der Arbeitgeber war deshalb nach Ablauf der Kündigungsfrist (regelmäßig drei Monate) von der Leistungspflicht frei.

Mit jüngst veröffentlichtem Urteil vom 26.08.2008 (1 AZR 354/07) hat das BAG seine Rechtsprechung entscheidend geändert. Eine teilmitbestimmte Betriebsvereinbarung über freiwillige Leistungen wirke nach, wenn durch die Kündigung das Lohngefüge insgesamt verändert werde. Bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern sei hierbei nicht nur die mit der gekündigten Betriebsvereinbarung zugesagte Leistung, sondern seien sämtliche Entgeltbestandteile/Entgeltkomponenten der Belegschaft zu betrachten.

Der Arbeitgeber kann die Nachwirkung nur im Einvernehmen mit dem Betriebsrat oder durch Anrufung der Einigungsstelle beseitigen. Maßstäbe für die Entscheidung der Einigungsstelle (Bindung an die Grundentscheidung des Arbeitgebers, die Leistung einzustellen? Rückwirkende Einstellung?) hat das BAG nicht mit an die Hand gegeben.

Jeder Arbeitgeber muss deshalb künftig bei teilmitbestimmten Betriebsvereinbarungen über zusätzliche Leistungen die Nachwirkung ausdrücklich ausschließen. Dies gilt auch für tarifgebundene Arbeitgeber, weil mehrere übertarifliche/freiwillige Leistungen zugesagt sein können und die Tarifbindung in Zukunft enden könnte.