Dr. Martin Mack
Rechtsanwalt und Mediator
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Handels- und Gesellschaftsrecht
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In zweigliedrigen Personen- oder Kapitalgesellschaften mit identischer Beteiligung der beiden Gesellschafter besteht wegen der gegebenen Pattsituation die Gefahr einer Selbstblockade der Gesellschaftsorgane. Aus der anglo-amerikanischen Vertragspraxis haben sich zur Auflösung derartiger Blockaden Vertragsklauseln entwickelt, die einen schnellen und radikalen Ausstieg eines der beiden Gesellschafter durch Übernahme von dessen Beteiligung durch den anderen Gesellschafter ermöglichen. Diese Klauseln werden gemeinhin – im Hinblick auf die Unvorhersehbarkeit des Ausgangs – als „Russian-Roulette“-Klauseln bezeichnet. Danach ist jeder der beiden (gleich hoch beteiligten) Gesellschafter berechtigt, dem jeweils anderen Teil seine Gesellschaftsbeteiligung unter Nennung eines bestimmten Preises zum Ankauf anzubieten. Nimmt der Angebotsempfänger nicht an, ist er verpflichtet, seine Gesellschaftsbeteiligung unverzüglich zum gleichen Kaufpreis an den Anbietenden zu verkaufen und abzutreten.
Das OLG Nürnberg (Urteil vom 20.12.2013, nicht rechtskräftig) hat erstmals in Deutschland bestätigt, dass solche Russian-Roulette-Klauseln in einem Gesellschaftsvertrag einer zweigliedrigen Personen- oder Kapitalgesellschaft nicht per se unwirksam sind.
Grundsätzlich sieht das deutsche Gesellschaftsrecht sogenannte „Hinauskündigungsklauseln“, nach denen ein Gesellschafter, eine Gruppe von Gesellschaftern oder die Gesellschaftermehrheit das Recht erhalten, einen Mitgesellschafter ohne sachlichen Grund aus der Gesellschaft auszuschließen, als sittenwidrig an. Bei Russian-Roulette-Klauseln kann es in Situationen mit wirtschaftlich unterschiedlich potenten Vertragsparteien ebenfalls zu Missbrauch kommen, wenn der finanzstärkere Teil ein Angebot zu einem strategischen Preis erklärt, von dem er weiß, dass der schwächere Teil diesen nicht zu leisten imstande ist.
Dessen ungeachtet hat das Oberlandesgericht die Sittenwidrigkeit der Russian-Roulette-Klausel trotz des grundsätzlich bestehenden Missbrauchsrisikos verneint. Der mit der Klausel verfolgte Zweck, die Auflösung der Selbstblockade in der Gesellschaft zu erzielen, sei eine sachliche Rechtfertigung für die Verwendung der Klausel.
Damit wird das gesellschaftsrechtliche Instrumentarium in Gesellschaften mit paritätischer Beteiligung um ein Lösungsmodell ergänzt, das ggf. dem wirtschaftlich Stärkeren die Möglichkeit zur alleinigen Fortführung der Gesellschaft gibt.