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Gestörter Bauablauf oder vom Aberglauben, Zeit sei Geld

Baurecht - 23.02.2022

Entgegen den Behauptungen baubetrieblicher Sachverständiger und zahlreicher Publikationen ist die Hürde für die Geltendmachung sog. bauzeitlicher Nachträge nach wie vor extrem hoch. Das OLG Zweibrücken wies eine Klage eines Unternehmers auf Zahlung eines sechsstelligen Betrages über Mehrkosten infolge sog. gestörten Bauablaufs ab. Der Unternehmer hatte in der Darstellung der Bauzeitverlängerungen durch das vorgelegte baubetriebliche Gutachten nicht zwischen den Ursachen und Auswirkungen von vertragsgemäßen Anordnungen aus geänderten oder zusätzlichen Leistungen einerseits und der von vertragswidrigen Bauzeitverlängerungen infolge von Behinderungen andererseits unterschieden. Dies ist notwendig, weil der Unternehmer nur bei den angeordneten Sachnachträgen einen Anspruch auf Vergütung der ihm entstehenden Mehrkosten infolge der Bauzeitverlängerung hat. Bei bloßen Behinderungen, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat, hat er nur einen Anspruch auf die während der Dauer der Behinderung entstehenden Vorhaltekosten. Erstattung von Mehrkosten, die ihm entstehen, weil er nach dem Ende der Behinderung höhere Kosten für die Leistung aufwenden muss oder sich insgesamt die Bauzeit verlängert, kann er nicht verlangen. Das hat der BGH schon vor mehr als 4 Jahren klargestellt. Dennoch ist dieses Praxiswissen nicht immer vorhanden. Bei einer unverschuldeten Behinderung hat der Unternehmer nur Anspruch auf eine längere Bauzeit und die Vorhaltekosten während der Behinderung. Wenn er die Mehrkosten infolge der Behinderung haben möchte, muss er dafür eine vertragliche Vereinbarung mit dem Auftraggeber treffen. Diese kann er in der Regel nur mit dem Drohpotential einer möglichen Kündigung durchsetzen. Ein weiterer Irrglaube ist es, die (ehemals) gestörte Baustelle erst wieder besetzen zu müssen, wenn zwischenzeitlich angenommene Ersatzaufträge abgearbeitet sind. Der Unternehmer muss die Baustelle nach Wegfall der Behinderung unverzüglich wiederbesetzen. Kapazitätsprobleme infolge der dann eingegangenen zusätzlichen Bauverpflichtung aus dem Ersatzvertrag gehen zulasten des Unternehmers.