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HOAI-Update: Folgen der EuGH-Entscheidung

Baurecht - 05.02.2020

Das OLG Celle hat in einer Entscheidung vom 8. Januar 2020 die Klage eines Architekten abgewiesen, der nach Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund mit seiner Schlussrechnung ein Honorar nach den Mindestsätzen der HOAI durchzusetzen versuchte, welches das vereinbarte Pauschalhonorar überschritten hätte. Der Architekt hatte sich darauf berufen, dass das Pauschalhonorar erst rund ein Jahr nach Beginn der beauftragten Leistungen und nach Zahlung eines wesentlichen Abschlags auf das Honorar vereinbart worden war. Deshalb sei die Pauschalpreisvereinbarung formunwirksam, weil sie nicht gemäß § 7 Abs. 1 HOAI „bei Auftragserteilung" zustande gekommen sei.

Nach Auffassung des OLG Celle ist aber weder diese Formvorschrift noch die daran anknüpfende sog. Mindestsatzfiktion aus § 7 Abs. 5 HOAI nach dem Urteil des EuGH vom 4. Juli 2019 anwendbar. Wie wir berichteten, hat der EuGH entschieden, dass die zwingende Vorgabe einer Honorarvereinbarung zwischen den Mindest- und Höchstsätzen nach der HOAI gegen die Dienstleistungsrichtlinie verstößt und europarechtswidrig ist. Seitdem ist (leider) unsicher, welche Folgen dies insbesondere auf laufende Vertragsverhältnisse hat.

Es gibt inzwischen sechs obergerichtliche Entscheidungen, mit zwei unterschiedlichen Ergebnissen, aus denen sich auch zwei juristische Lager in der Fachliteratur gebildet haben: Einerseits werden alle Regelungen der HOAI, die im Ergebnis zum zwingenden Mindestsatz führen, nicht mehr angewendet, so auch das OLG Celle.

Nach der anderen Auffassung sind die Regeln der HOAI noch solange von den Gerichten anzuwenden, bis der Gesetzgeber das Urteil des EuGH umsetzt (z.B. so das OLG Hamm). Zum Teil wird von dieser Auffassung auch angeführt, dass sich der EuGH nicht mit den Formvorschriften und der Mindestsatzfiktion beschäftigt habe. Trotz dieser Entscheidung stünde es dem nationalen Gesetzgeber frei, z. B. aus Gründen der Rechtssicherheit derartige Formvorschriften und Fiktionen vorzugeben, wenn es an einer wirksamen Vereinbarung der Parteien fehle.

Welche der Auffassungen sich durchsetzen wird, lässt sich nicht vorhersagen. Für die damit in der Praxis verbundene Unsicherheit gibt es Licht am Ende des Tunnels: Von den unterschiedlichen Entscheidungen liegen bereits drei dem BGH zur Entscheidung vor. Die erste Revision steht Mitte Mai zur Verhandlung an, sodass nach dem Sommer dieses Jahres mit einer richtungsweisenden Entscheidung des BGH zu rechnen ist.