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ConradyUlrich Conrady
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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Krankheitsbedingte Kündigung / stets frisch BEMüht

Arbeitsrecht - 20.04.2021

Ist ein Arbeitnehmer innerhalb von 12 Monaten (zusammenhängend oder bei Zusammenrechnung mehrerer Krankheitsphasen) länger als sechs Wochen arbeitsunfähig erkrankt, hat der Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchzuführen. 

Nach der gesetzlichen Wertung ist das BEM grundsätzlich auch während einer Erkrankung durchzuführen. Anders ist dies nur dann, wenn deren Schwere oder Eigenart die Durchführung eines BEM ausnahmsweise ausschließt.
Eine krankheitsbedingte Kündigung ohne die Durchführung eines BEM wird fast immer vor Gericht scheitern, denn der Arbeitgeber muss in diesem Fall die objektive Nutzlosigkeit des BEM darlegen und ggfs. beweisen. Er muss also alle hypothetisch denkbaren Möglichkeiten zur Behebung der Krankheit und zu einer leidensgerechten Weiterbeschäftigung ausschließen.

Insbesondere im Falle der Kündigung eines langzeiterkrankten Arbeitnehmers stellt sich die Frage, wie lange das letzte BEM vor Ausspruch der Kündigung zurückliegen darf, also nach dem „Haltbarkeitsdatum“ eines BEM.

Hier bröckelt die Rechtsauffassung, dass nach dem Ende eines BEM ein neues BEM erst nach Ablauf von einem Jahr erforderlich ist, mit anderen Worten, dass das BEM ein „Haltbarkeitsdatum“ von einem Jahr aufweist.

Vielmehr ist - wie auch jüngst vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 09.10.2020, Az: 12 Sa 554/20) entschieden – davon auszugehen, dass ein neues BEM bereits schon dann erforderlich ist, wenn der Arbeitnehmer nach Ende des letzten BEM erneut länger als sechs Wochen arbeitsunfähig erkrankt ist.

Die Gerichte werden nicht (allen Ernstes) erwarten, dass die Arbeitgeber die langzeiterkrankten Arbeitnehmer im Sechswochenrhythmus zum BEM einladen. Sie werden aber (nahezu) jede krankheitsbedingte Kündigung scheitern lassen, wenn das letzte BEM bei Zugang der Kündigung länger als sechs Wochen / sechs Krankheitswochen zurücklag. Eine krankheitsbedingte Kündigung ist somit „BEM-frisch“ zu erklären.