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Kreditaufnahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaft

WEG-Recht - 09.03.2016

Mit Urteil vom 25. September 2015 hat der Bundesgerichtshof (BGH, Az.: V ZR 244/14) die in Rechtsprechung und Fachliteratur lange umstrittene Frage entschieden, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Mehrheitsbeschluss über die Aufnahme eines Darlehens durch die Wohnungseigentümergemeinschaft ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

Ein Beschluss über die Durchführung von Maßnahmen der Instandsetzung oder Modernisierung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft muss auch die Finanzierung ordnungsgemäß regeln. Die Kosten derartiger Maßnahmen können nach den gesetzlichen Regelungen durch Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage oder durch Erhebung einer Sonderumlage finanziert werden.

Da dieses Finanzierungsmodell darauf ausgerichtet ist, zeitnah durch Eigenmittel der Wohnungseigentümer eine Deckung der Kosten der Gemeinschaft herbeizuführen, wurde in Rechtsprechung und Fachliteratur die Kreditaufnahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaft als grundsätzlich unzulässig angesehen und nur ausnahmsweise zur Deckung eines kurzfristigen Finanzierungsbedarf zugelassen.

Der BGH hat jetzt höchstrichterlich entschieden, dass die Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch die Wohnungseigentümergemeinschaft (z.B. für Fassadensanierung mit Wärmedämmung) ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen und mit Mehrheit beschlossen werden kann. Voraussetzung ist allerdings, dass das Risiko einer „Nachschusspflicht“ der Wohnungseigentümer vor der Beschlussfassung erörtert und im Protokoll der Eigentümerversammlung festgehalten wird.

Bei der Kreditaufnahme durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft besteht ein besonderes Haftungsrisiko, weil es Zahlungsausfälle von Wohnungseigentümern geben kann und die daraus resultierenden Fehlbeträge durch entsprechend höhere Beiträge der übrigen (solventen) Wohnungseigentümer ausgeglichen werden müssen. Ob sich ein Beschluss über eine Kreditaufnahme im Rahmen des den Wohnungseigentümern zustehenden Gestaltungsermessens hält, kann daher nicht generell festgestellt werden, sondern nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles unter Abwägung der allseitigen Interessen.

Eine Darlehensfinanzierung wird nach Ansicht des BGH insbesondere in Betracht kommen, wenn die Instandhaltungsrücklage nicht ausreicht und die Erhebung einer Sonderumlage die einzelnen Wohnungseigentümer finanziell stark belastet oder sogar die Leistungsfähigkeit einkommenschwächerer Wohnungseigentümer überfordert. Entscheidungsrelevant sind die Notwendigkeit zur Werterhaltung der Wohnanlage, Höhe des Darlehens im Verhältnis zur Anzahl der Wohnungseigentümer, die Kreditkonditionen (z.B. zinsbegünstigte öffentliche Fördermittel), die Laufzeit des Darlehens und die Rückzahlungsbedingungen. Vorsorgliche Rechtsberatung dürfte hier im Einzelfall für Entscheidung bzw. Gestaltung derartiger Beschlüsse sinnvoll sein.