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ConradyUlrich Conrady
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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Kurzarbeit in Zeiten von Corona

Arbeitsrecht - 31.03.2020

Viele Unternehmen geraten durch das Corona-Virus unerwartet und unverschuldet unter erheblichen wirtschaftlichen Druck. Die Arbeitnehmer (AN) können nicht mehr beschäftigt werden, weil die Kunden wegbrechen, Aufträge storniert werden und/oder die Zulieferung ausfällt.  

Um diesen „viralen Stresstest“ zu bestehen, bedarf es eines besonderen Maßes an Kreativität, Flexibilität und Solidarität im Verhältnis zwischen Arbeitgeber (AG) und AN, aber auch im Verhältnis von AN zu seinen Kollegen.  

Ein von staatlicher Seite umworbenes und speziell für die Corona-Krise erleichtertes/ erweitertes Instrument für die Sicherung der Liquidität und die Vermeidung von betriebsbedingten Kündigungen ist die mittlerweile fast als „populär“ zu bezeichnende Kurzarbeit (KA)/ Bewilligung von Kurzarbeitergeld (Kug) geworden.  

Die Agentur für Arbeit (AA) erläutert die Voraussetzungen von KA/Kug in zwei ad hoc für die Corona-Krise erstellten Videos, die Sie ebenso auf der Homepage der AA finden wie die für die Anzeige von KA erforderlichen Vordrucke (Anzeigeformulare der AA Nr. 107 und 108) und zahlreichende weitere Informationen.  

Nachstehend greifen wir einige arbeitsrechtliche Aspekte und FAQ`s im Zusammenhang mit Kurzarbeit (KA) bzw. Kurzarbeitergeld (Kug) auf.  

In Bezug auf die KA folgende vertiefende Informationen:

Recht zur Einführung von KA

  • durch die KA wird stark in den Arbeitsvertrag eingegriffen (Absenkung von Arbeitszeit und Arbeitsentgelt).
  • in Betrieben mit Betriebsrat (BR) kann und muss die KA durch Betriebsvereinbarung (BV) einführt werden.
  • in Betrieben ohne BR muss der AG mit jedem einzelnen AN eine Einzelvereinbarung schließen. Verweigert ein einzelner AN den Abschluss einer solchen Vereinbarung, kann/ muss ggfs. eine außerordentliche Änderungskündigung ausgesprochen werden.
  • die AA verlangt die Vorlage der BV bzw. aller Einzelvereinbarungen bereits bei der Anzeige der KA.

erheblicher Arbeitsausfall

  • Ausreichend ist ein Arbeitsausfall von 10% bei 10% der AN des Betriebes oder der Betriebsabteilung.
    -  die AN werden nach Köpfen gerechnet. Es zählen auch die geringfügig Beschäftigten mit voller Kopfzahl, obwohl diese selbst keinen Anspruch auf Kug haben. 
    - der Begriff der Betriebsabteilung wird weit verstanden (z. B. der Bereich der Produktion in Abgrenzung zu den nicht-produzierenden Bereichen.

Anspruchsberechtigt sind (fast) alle versicherungspflichtig Beschäftigten

  • geringfügig Beschäftigte haben keinen Anspruch auf Kug.
  • gekündigte AN (auch bei Eigenkündigung des AN) haben keinen Anspruch (mehr) auf Kug. Gleiches gilt bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages.
  • auch befristet beschäftigte AN haben Anspruch auf Kug.

Anspruchsumfang/ Ansprüche des AG gegen die BA

  • das Kug beträgt 60% (bei AN mit mindesten 0,5 Kindern in den Lohnsteuermerkmalen 67%) des auf die ausgefallene Arbeitszeit entfallenden Nettoentgelts.
  • aufgrund der befristeten Gesetzesänderung kann der AG die Erstattung der SV-Beiträge verlangen; dies gilt nicht für die SV-Beiträge, die durch eine Aufstockungsleistung des AG anfallen.

Aufstockung des Kug

  • der AG kann das Kug ganz oder teilweise aufstocken, muss dies jedoch nicht.
  • die Aufstockung schließt den Anspruch auf Kug nicht aus.

Urlaub, Arbeitszeitkonten

  • durch die befristete Gesetzänderung und die jüngsten Informationen der AA sind die Fragen um Urlaub und Arbeitszeitkonten weitgehend geklärt:
    - Negative Arbeitszeitguthaben müssen nicht aufgebaut, das heißt das Arbeitszeitkonto auch dann nicht „ins Minus“ geführt werden, wenn dies rechtlich möglich wäre.
    - Alturlaub (2019 oder früher) muss genommen werden.
    - Urlaub 2020 muss nicht genommen werden, unabhängig, ob dieser bereits bewilligt wurde oder nicht.
  • Während eines Urlaubs ist KA ausgeschlossen, der AN erhält die vollen Leistungen (Urlaubsentgelt, ggfs. zusätzliches Urlaubsgeld), die er ohne KA erhalten hätte.

Krankheit während der KA

  • erkrankt ein AN während der KA, erhält er vom AG und der AA für die Dauer von 6 Wochen die Leistungen, die er ohne Erkrankung in der KA erhalten hätte.

Kündigung während der KA

Das Recht zur Kündigung während der KA ist nicht ausgeschlossen

  • für eine verhaltensbedingte (und ggfs. auch eine personenbedingte) Kündigung ist dies selbstverständlich.
  • auch eine betriebsbedingte Kündigung ist nicht ausgeschlossen, sofern der Ausschluss nicht in der BV oder in der Einzelvereinbarung geregelt wurde.
    Allerdings muss der AG hier begründen, weshalb er zunächst nur von einem vorübergehenden Arbeitsausfall (= Voraussetzung für KA und Kug), jetzt jedoch von einem dauerhaften Wegfall des Arbeitsplatzes ausgeht.