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BallaschChristian Ballasch
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verkehrsrecht
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„Legalize It!“

Verkehrsrecht - 02.07.2024

Peter Tosh hat schon 1976 in dem gleichnamigen Song gefordert, Cannabis zu legalisieren. 48 Jahre später hat ihn die aktuelle Bundesregierung erhört und Cannabis (jedenfalls teilweise) legalisiert.

Wenn nun aber der Besitz und der Anbau von Cannabis unter bestimmten Voraussetzungen legal sind, stellt sich die Frage, welche Auswirkungen hierdurch auf den Straßenverkehr zu erwarten sind.

Müssen wir künftig an einer auf „grün“ schaltenden Ampel länger warten, weil sich vor uns im Fahrzeug ein Cannabiskonsument befindet, der einfach etwas länger braucht, das Umschalten der Ampel zu bemerken?

Die fahrerlaubnisrechtlichen Regelungen waren streng: Wer regelmäßig Cannabis konsumiert, erweckt fahrerlaubnisrechtlich Zweifel an der Fahreignung. „Regelmäßig“ in diesem Sinne war schon der zweimalige (!) Konsum von Cannabis. Beim zweimaligen Konsum musste der Betroffene, z.B. durch eine erfolgreiche MPU, die Fahreignungszweifel ausräumen. Konnte der Betroffene das nicht, erfolgte die Entziehung der Fahrerlaubnis.

Künftig soll der Konsum von Cannabis dem Konsum von Alkohol angeglichen werden.

Dabei stellen sich aber schon ganz praktische Probleme. Der Umgang mit Alkohol ist ziemlich gut erforscht. Es gibt gesicherte Erkenntnisse, wieviel Alkohol der Körper pro Stunde abbaut, wie sich (auch geringe Mengen) Alkohol auf die Fahrtauglichkeit auswirken, usw. Bei Cannabis ist das nicht so. Das ist auch schon in den unterschiedlichen Konsumarten von Cannabis begründet. Die berauschende Wirkung von Cannabis wird wesentlich schneller erzielt, wenn es inhaliert wird. Die Wirkung von Cannabis bei Aufnahme über den Magen, z.B. in Form von Keksen, tritt deutlich später ein (zum Teil erst Stunden später).

Auch ist der Abbau des berauschenden Wirkstoffs im Cannabis weniger gut erforscht. Das liegt auch daran, dass der Abbau weniger kontinuierlich als beim Alkohol erfolgt.

Um den künftigen Ansatz besser zu verstehen, muss es jetzt kurz technisch werden: Den berauschenden Wirkstoff im Cannabis nennt man THC. Bisher galt als kritische Menge 1 ng/ml THC im Blutserum. Bei einem Wirkstoffgehalt von 1 ng/ml THC im Blutserum musste der Betroffene mit Sanktionen in einem Bußgeld- oder Strafverfahren rechnen. Fahrerlaubnisrechtlich musste der Betroffene daneben mit weiteren Maßnahmen durch die Führerscheinstelle - bis hin zur Entziehung der Fahrerlaubnis - rechnen.

Kritiker haben an dieser „alten“ Regelung kritisiert, dass der Wert zu niedrig bemessen sei. Es sei äußerst zweifelhaft, ob bei einem solchen Wert eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit überhaupt möglich sei. Mit der Neuregelung war dieser Wert nach Ansicht der Experten jedenfalls nicht mehr haltbar. Künftig gilt 3,5 ng/ml THC im Blutserum als „Grenzwert“. Nach Ansicht der Experten sei dieser Wert vergleichbar mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille.

Danach wäre die „neue“ Regelung im Vergleich zum Alkohol aber immer noch „strenger“. Bei Alkohol muss der Betroffene „erst“ ab 0,3 Promille mit Konsequenzen rechnen.

Es bleibt spannend, wie insbesondere die Führerscheinstellen mit dieser Neuregelung in der Praxis umgehen werden.

Bis dahin bleibt als sichere Erkenntnis, dass Sie völlig bedenkenlos alle Songs von Peter Tosh und Bob Marley beim Autofahren hören dürfen.