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MeyerGunnar Meyer
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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Liebling, ich habe das Grundstück geschrumpft!

Erschließungsbeitragsrecht - 03.06.2022

Kündigt eine Gemeinde an, Erschließungs- oder Ausbaubeiträge zu erheben, teilen Eigentümer ihr Anliegergrundstück gern auf, da die Beitragshöhe von der Grundstücksgröße abhängt. Häufig verbleibt nur noch ein handtuchbreites Grundstück, das unmittelbar an die erschlossene oder ausgebaute Straße angrenzt. Die großen Flächen dahinter bilden fortan ein zivilrechtlich eigenständiges Grundstück ohne gemeinsame Grenze zur abgerechneten Straße.

Was der Eigentümer oft nicht weiß: Damit erreicht er nichts außer zusätzlichen Grundbuch- und Notarkosten. Abgabenrechtlich bleibt das große Hinterliegergrundstück meist schon wegen der einheitlichen Nutzung und der Eigentümeridentität mit dem schmalen Anliegergrundstück beitragspflichtig. 

Und wenn der Eigentümer das neue Hinterliegergrundstück an seine Schwiegermutter veräußert, um die Eigentümeridentität aufzuheben? Dann lebt der Ex-Eigentümer fortan zivilrechtlich wirksam auf dem Grundstück seiner Schwiegermutter, ohne jedoch einen Cent an Beiträgen zu sparen. Die Gemeinde darf für die Beitragserhebung fingieren, dass die zivilrechtlich wirksame Teilung und Veräußerung nie stattgefunden hat und immer noch ein einheitliches Grundstück besteht. Hierfür verweisen die Kommunalgabengesetze der Länder auf das Verbot des Gestaltungsmissbrauchs in § 42 der Abgabenordnung des Bundes. 

Anzeichen für einen Gestaltungsmissbrauch sind insbesondere Grundstücksaufteilungen kurz nach einer Beitragsankündigung oder Veräußerung zum nicht annähernd marktgerechten „Freundschaftspreis“ an Personen, die das ungeteilte Grundstück ohnehin nutzen durften. 

Mit Beschluss vom 18.01.2022 (Az.: 9 LA 122/20) hat das Nds. Oberverwaltungsgericht die Berufungszulassung eines Ehemannes abgelehnt, der mitten in seinem Grundstück eine Teilfläche herausschnitt und an seine Ehefrau übereignete, die seit Jahren mit ihm auf seinem ungeteilten Grundstück gelebt hatte. Die Begründung, die Ehefrau brauche dieses Inselgrundstück als eigenes Hab und Gut, um dort eine Koizucht zu betreiben, überzeugte das Oberverwaltungsgericht nicht. Gleichermaßen verständnislos reagierte das erstinstanzliche Verwaltungsgericht Braunschweig in seinem Urteil vom 17.06.2020 (Az.: 6 A 262/18). Die Frau, so beide Gerichte, habe ihre Koizucht schon Jahre vor der Beitragsankündigung betrieben, ohne dass hierfür eine Eigentumsübertragung notwendig gewesen wäre. Trotz Gütertrennung habe die Frau das ungeteilte Grundstück ihres Mannes über all die Jahre mitbenutzen dürfen. Selbst wenn die Koizucht der finanziellen Absicherung der Frau nach dem Tod des Mannes dienen sollte, wäre dafür die Grundstücksübertragung zu Lebzeiten des Mannes nicht notwendig gewesen, da der Mann seine Frau trotz Gütertrennung in einem Testament hätte bedenken können. 

Merke daher: Grundstücksaufteilungen sparen selten Erschließungs- oder Ausbaubeiträge, verursachen aber immer Grundbuch- und Notarkosten!