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StaatsSebastian Staats
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Mit der Bauüberwachung beauftragte Architekten oder Ingenieure trifft keine Pflicht zur Beantwortung von Rechtsfragen

Baurecht - 06.06.2024

Auch schon vor dem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs zur verbotenen Rechtsberatung der Architekten und Ingenieure vom 09.11.2023 (VII ZR 190/22) herrschte Verunsicherung: Die einen wollten den Bauherrn auch in Rechtsfragen beraten. Die anderen wurden hierzu vom Bauherrn geradezu genötigt. Dass die Haftpflichtversicherung der Architekten und Ingenieure Rechtsdienstleistungen – und damit auch: Falschberatung – nie versichert, interessierte dabei wenig.

§ 5 RDG erlaubt Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit nur dann, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Zwar hat das Aufgabengebiet und damit das Berufsbild des Architekten in vielfacher Hinsicht Berührungen zu Rechtsdienstleistungen, eine allgemeine Rechtsberatung wird vom Berufsbild des Architekten aber nicht erfasst, da es insoweit an einer hinreichenden juristischen Qualifikation fehlt. Der Bundesgerichtshof hat das in seinem Urteil (s.o.) erneut klar herausgestellt und den Architekten wegen einer von ihm entworfenen unwirksamen Skontoklausel zum Schadensersatz verurteilt.

Dabei hieß es doch schon zuvor zu Leistungsphase 7 nach Anlage 10.1 (Leistungsbild Objektplanung Gebäude und Innenräume) der HOAI bzw. für die entsprechenden Grundleistungen anderer Leistungsbilder „Prüfen und Werten der Angebote zusätzlicher und geänderter Leistungen der ausführenden Unternehmen und der Angemessenheit der Preise“ im Standardkommentar: „Sowohl bei der Prüfung des Nachtragsgrunds als auch der Nachtragshöhe kann von dem Architekten weder rechtliches noch baubetriebliches Spezialwissen erwartet werden.“

Auch vor dem BGH-Urteil hat beispielsweise das OLG Frankfurt (Beschl. v. 02.03.2023 - 21 U 69/21) entschieden: „Der Architekt hat bei der Prüfung der Schlussrechnung grundsätzlich nur die bautechnischen und baubetrieblich-kalkulatorischen Voraussetzungen für die Berechtigung der geltend gemachten Werklohnforderung zu prüfen. (...) Die Beantwortung der Frage, ob eine Nachtragsforderung des bauausführenden Unternehmers berechtigt ist, liegt außerhalb der Fragestellungen, für deren Richtigkeit der rechnungsprüfende Architekt mit seiner Rechnungsprüfung im Verhältnis zum Auftraggeber einzustehen hat. Geprüft werden muss allein das Zahlenwerk, nicht das Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen eines möglichen Nachtragsanspruchs.“

Der rechtliche Ansatz des OLG Frankfurt ist dabei sympathischer als der des BGH:
Das OLG verneint schon das MÜSSEN (: ist die rechtliche Nachtragsprüfung geschuldet?), der BGH erst das DÜRFEN (: darf sich der Architekt hierzu verpflichten?).

Beim OLG Frankfurt hatte der Architekt Glück: Er haftet nicht, obwohl er im Zuge der Rechnungsprüfung einen rechtlich unbegründeten Nachtrag „abgehakt“ und damit durchgewunken hat. Ohne Bedenkenhinweis („Ich führe keine rechtliche oder baubetriebliche Prüfung durch!“) ist das allerdings nicht selbstverständlich!