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Nachtrag versus Schriftform

Baurecht - 08.09.2021

In vielen Bauverträgen finden sich nach wie vor Klauseln, nach denen die Vergütung von zusätzlichen oder geänderten Leistungen („Nachtrag“) die schriftliche Beauftragung dieser Leistung voraussetzt oder die Leistung nicht vergütet wird, wenn es an der schriftlichen Beauftragung fehlt. Auftraggeber erhoffen sich hiervon zu Unrecht einen Schutz vor der Überraschung mit Nachtragsforderungen. Der BGH hat schon mehrfach entschieden, dass eine solche vom Auftraggeber gestellte Klausel eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers darstellt und deshalb unwirksam ist. 

Das OLG München hatte in einer aktuellen Entscheidung Gelegenheit, diesen Grundsatz zu bestätigen. Nach einer Anordnung des Auftraggebers zur Ausführung einer stärkeren Dämmung musste der Metallbauunternehmer breitere Profile und Wetterbleche verarbeiten, deren Vergütung der Auftraggeber ohne Erfolg unter Berufung auf den fehlenden „schriftlichen Auftrag“ vermeiden wollte. 

Für den vertraglichen Anspruch ist nur entscheidend, dass der Auftraggeber oder ein zu dessen Vertretung Berechtigter die geänderte oder zusätzliche Leistung fordert. Wenn es daran fehlt, werden zusätzliche oder geänderte Leistungen nur vergütet, wenn sie technisch notwendig sind, um den vereinbarten Werkerfolg zu erreichen. Selbstverständlich ist für eine zusätzliche oder geänderte Werklohnforderung in all diesen Fällen zwingend, dass die Leistung nicht vom ursprünglichen Bausoll umfasst ist. Diese Frage lässt sich nur mit vollständiger Auslegung des Vertrages unter Berücksichtigung aller Vertragsgrundlagen und dem zwischen den Parteien vereinbarten Werkerfolg beantworten. Der verbreitete Irrglaube, wonach nur das geschuldet sei, was ausdrücklich vereinbart ist, führt selten zum Ziel.