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ConradyUlrich Conrady
Rechtsanwalt
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Neuer Stolperstein bei der Stellenausschreibung „Qualifizierter Vermittlungsauftrag" an die Agentur für Arbeit

Arbeitsrecht - 09.10.2024

Der Schwerbehindertenschutz in Deutschland legt den Arbeitgebern zahlreiche Plichten auf – und zwar nicht erst nach Begründung eines Arbeitsverhältnisses, sondern bereits bei der Stellenausschreibung und im Bewerbungsverfahren.

Arbeitgeber müssen gem. § 164 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB IX) prüfen,

  • ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können und
  • hierzu frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufnehmen.

Es lässt sich kaum ein Arbeitsplatz finden, der nicht auch mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann; es kommt auf die jeweilige Art der Behinderung an und es werden sich (fast?) immer Behinderungen denken lassen, die eine Tätigkeit auf der auszuschreibenden Stelle nicht ausschließen.

Der Arbeitgeber muss deshalb (so gut wie) immer Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufnehmen.

Auf welche Weise der Arbeitgeber diese Verbindung aufnehmen muss, beschreibt das Gesetz nicht. Bisher wurde es für ausreichend erachtet, dass der Arbeitgeber der Agentur für Arbeit „irgendwie“ mitteilte, dass eine Stelle zu besetzen ist, z. B. durch Übermittlung der Stellenanzeige zur Veröffentlichung in der Jobbörse der Agentur für Arbeit. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat für die öffentliche Hand, die nach der speziellen Bestimmung des § 165 Abs. 1 Satz 1 SGB IX zur Meldung freier Stellen an die Agentur für Arbeit verpflichtet ist, entschieden, dass die Meldung nur durch einen so genannten qualifizierten Vermittlungsauftrag an die bei der Agentur für Arbeit gemäß § 187 Abs. 4 SGB IX eingerichtete besondere Stellen (besondere Stelle) erfüllt wird. Eine bloße Mitteilung an die Agentur für Arbeit zur Veröffentlichung in der Jobbörse reicht nicht aus.

Nunmehr hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf mit einer (der Logik des BAG folgenden und insoweit leider überzeugenden) Begründung die Pflicht zur Erteilung eines qualifizierten Vermittlungsauftrages auch für die zur Verbindungsaufnahme verpflichteten Arbeitgeber im privaten Bereich angenommen (LAG Düsseldorf, Urteil vom 23.04.2024, 3 Sa 556/22). Der Arbeitgeber hatte in dem entschiedenen Fall jedoch noch Glück: Er konnte den immateriellen Schadensersatz (es ging um 1,5 Monatsbruttogehälter = 5.835,00 €) abwenden, weil er nachweisen konnte, dass die Bewerbung des schwerbehinderten Menschen erst wenige Stunden nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens und damit zu spät eingegangen war.

Es gibt sehr wenige, aber eben zu viele schwerbehinderte Menschen, die sich auf Stellen bewerben, erwartungsgemäß/ planmäßig abgelehnt werden und dann den ausschreibenden Arbeitgeber auf immateriellen Schadensersatz in Anspruch nehmen (sogenannte AGG-Hopper). Diese AGG-Hopper haben sich bisher im Wesentlichen auf die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes konzentriert. Dieser hat nach und nach „schmerzhaft“ und „zahlend“ gelernt, die ihm zugunsten der schwerbehinderten Bewerber obliegenden Pflichten zu erfüllen.

Nach der Entscheidung des LAG Düsseldorf tut sich für die AGG-Hopper ein schier unendliches neues „Betätigungsfeld“ im Bereich der privaten Arbeitgeber auf. Gleiches gilt auch für Nicht-AGG-Hopper, die sich vielleicht nur darüber ärgern, dass sie die Stelle nicht erhalten haben.

Unsere Empfehlung:

Erteilen Sie bei jeder Stellenausschreibung einen so genannten qualifizierten Vermittlungsauftrag. Haben Sie bei der Agentur für Arbeit Ihren eigenen Account aktiviert, werden Sie bei der Einstellung des Stellenangebots in die Jobbörse gefragt, ob Sie einen qualifizierten Vermittlungsauftrag stellen wollen. Sie müssten dies nur bestätigen.

Ausreichend ist aber auch eine E-Mail an die für Ihr Unternehmen zuständige Agentur für Arbeit mit folgendem Textbeispiel:

„Pflichten gemäß § 164 Absatz 1 Satz 1 und Satz 2 SGB IX

Sehr geehrte Damen und Herren,

in Erfüllung unser vorstehenden Pflichten übersenden wir Ihnen anliegend unsere

  • Ausschreibung für die Stelle einer/ eines CAD-Konstrukteurin/ CAD-Konstrukteurs.

Die Einzelheiten der Stelle ergeben sich aus der Anlage.

Die Stelle kann mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt werden, sofern die Art der Behinderung nicht im konkreten Fall entgegensteht.

Mit freundlichen Grüßen

_______________

Arbeitgeber

Für die Arbeitgeber in Braunschweig und Umgebung lautet die allgemeine E-Mailanschrift der besonderen Stelle der Agentur für Arbeit Braunschweig: braunschweig-goslar@arbeitsagentur.de.

Achtung: Eine Stellenausschreibung liegt übrigens auch dann vor, wenn Sie die Stellenanzeige „nur“ auf Ihrer Homepage platzieren, möglicherweise auch als „Dauer-Stellenanzeige“.

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