Versteckt in der Verweisungsvorschrift des § 11 Abs. 3 Nr. 1 des Nds. Kommunalabgabengesetzes (NKAG), hat das Land Niedersachsen mit Gesetz vom 20.04.2017 (Nds. GVBl., Seite 121) eine Obergrenze von 20 Jahren für die Festsetzung von Abgaben nach Eintritt der Vorteilslage eingeführt. Es zieht damit die Konsequenz aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.2013 (Az.: 1 BVR 2457/08). Danach schützt das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit davor, dass Abgaben unbegrenzt noch Jahrzehnte nach Eintritt der Vorteilslage erhoben werden können.
Praktische Bedeutung erlangt die Obergrenze vor allem für das Erschließungsbeitragsrecht. Bisher war es möglich, eine Straße technisch erstmalig herzustellen und erst nach 30, 40 oder mehr Jahren Erschließungsbeiträge dafür zu erheben. Das passierte oft in Fällen, in denen es eine Gemeinde bewusst oder unbewusst unterlassen hatte, die Straße dem öffentlichen Verkehr zu widmen. Die Widmung gehört neben der technischen Herstellung, die die Vorteilslage begründet, zu den weiteren formellen Voraussetzungen, deren Erfüllung die sachliche Beitragspflicht entstehen lässt. An das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht knüpft wiederum der Lauf der 4-jährigen Verjährungsfrist für die Festsetzung von Erschließungsbeiträgen an. Liegen nicht alle Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht vor, kann der Lauf der Verjährungsfrist nicht in Gang gesetzt werden. Faktisch verlängert sich die Verjährungsfrist auf unbestimmte Zeit, bis diese Voraussetzung geschaffen wird. Niedersachsen hat jetzt diesen Zeitlauf auf 20 Jahre nach technischer Herstellung der Straße begrenzt.