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BrandesDr. Thomas Brandes
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Privatgutachterkosten: Entscheidungen und Andeutungen des Bundesgerichtshofs

Baurecht - 06.01.2021

Streit über die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines vom Auftraggeber eingeholten Privatgutachtens entsteht häufiger, sei es über die Bewertung der Kosten eines vorgerichtlich eingeholten Privatgutachtens als Teil der notwendigen Mängelbeseitigungskosten oder als Mangelfolgeschaden oder sei es im Zuge der Kostenfestsetzung nach Abschluss des Prozesses für ein zuvor oder auch erst im Prozess eingeholtes Privatgutachten. Der Bundesgerichtshof war bei der Frage der Festsetzung von Privatgutachterkosten als Kosten des Rechtsstreits immer zurückhaltend und verlangte regelmäßig, dass die Einholung des Gutachtens entweder mit einem konkreten, bevorstehenden Rechtsstreit in unmittelbarem Zusammenhang stand und zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war, oder dass sich die Partei infolge fehlender Sachkenntnis nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage sah oder sich nur mit Hilfe des Privatgutachters mit den sachkundigen Ausführungen der Gegenseite oder dem Gutachten eines gerichtlich bestellten Sachverständigen auseinandersetzen konnte.

In einem jetzt vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ging es darum, ob zu den Mehrkosten für eine Bauzeitverlängerung bei einem VOB-Bauvertrag auch das Honorar für einen Privatgutachter gehöre, der diese Mehrkosten ermittelt hatte. Dem erteilte der BGH eine Absage: Die Kosten, die zur Ermittlung der Vergütung aufgewendet würden, könnten nicht selbst Teil dieser Vergütung sein, sondern nur die Mehrkosten im Zusammenhang mit der Ausführung.

Allerdings ließ der BGH mehrere Hintertüren offen: Ob ausnahmsweise eine andere Anspruchsgrundlage in Betracht komme, müsse die vorangegangene Instanz noch prüfen. Außerdem schloss er eine Erstattungsfähigkeit im Kostenfestsetzungsverfahren (vgl. o.) nicht vollkommen aus.

Die erste eigentlich spannende Frage, ob ein Baustopp in einem VOB-Bauvertrag dem Grunde nach einen Mehrvergütungsanspruch zur Folge hat, weil dadurch eine Bauzeitverlängerung angeordnet werde und diese als Anordnung im Sinne von § 2 Abs. 5 VOB/B anzusehen sei, hat der Bundegerichtshof hingegen ausdrücklich offengelassen.

Die zweite spannende Frage versteckt sich in den weiteren Entscheidungsgründen. Der BGH hat bereits im Jahr 2019 entschieden, dass der neue Preis bei einer Mengenmehrung jenseits der 10 % ohne vertragliche Vereinbarung nicht mehr aufgrund § 2 Abs. 3 VOB/B zwingend auf die Vertragskalkulation zurückzuführen ist, sondern nach den tatsächlichen Mehr- und Minderkosten, also nach Marktkonditionen zu berechnen ist. Die lange erwartete Entscheidung, ob dies auch für § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B gilt, enthält das Urteil zwar nicht, aber eine erste solche Andeutung für § 2 Abs. 5 VOB/B.

Zu allen genannten Fragen bleibt es deshalb zunächst bei der notwendigen sorgfältigen Prüfung jedes Einzelfalls.