Karin Kutz
Steuerberaterin und Wirtschaftsmediatorin
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Internationales Steuerrecht
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1. Umsatzsteuer – Der EuGH bringt abschließende Klarheit bei der Organschaft
Es bleibt dabei: Innenleistungen zwischen den Beteiligten eines Organkreises sind nicht steuerbar!
Dies gilt auch, wenn die Leistungen an den nichtunternehmerischen Bereich innerhalb eines Organkreises erbracht werden. Es handelt sich in diesem Fall nicht um unentgeltliche Wertabgaben. Allerdings kommt für die entsprechenden Eingangsleistungen ein Vorsteuerabzug nicht in Betracht.
Anmerkung: Es ist ein Urteil, das jetzt für viel Erleichterung bei allen Betroffenen sorgen dürfte, hatte doch der Bundesfinanzhof bei einer Nichtbesteuerung dieser Umsätze erhebliche Steuerausfälle befürchtet! Doch in nur rd. knapp 20 Randziffern hat der EuGH in seiner Urteilsbegründung den Bedenken des Bundesfinanzhofes eine klare Absage erteilt.
EuGH Urteil v. 11.07.2024 – Rs. C-184/23
2. Umsatzsteuer - Steuerfreie ambulante Heilbehandlungen durch ein Krankenhaus in den Räumen eines anderen Krankenhauses sind auch als „Subunternehmer“ möglich!
Für die Steuerbefreiung einer Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin ist es unschädlich, wenn ein Krankenhaus durch seine angestellten Ärzte Operationsleistungen für ein anderes Krankenhaus in dessen Räumen erbringt.
Der BFH stellt klar: Unabhängig von den zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen handelt es sich bei den von der Klägerin erbrachten Leistungen um Operationsleistungen und damit um Heilbehandlungen.
Praxishinweis: Die Entscheidung ist lesenswert. Der BFH grenzt an Hand des konkreten Vertragsinhaltes die steuerfreieHeilbehandlung sorgfältig von einer steuerpflichtigen Personalgestellung ab. Dieses systematische Vorgehen ist auf viele ähnlich gelagerte Fälle anwendbar.
Im Bereich der Heilbehandlungen ist jedoch zu beachten, dass diese Entscheidung nicht auf die an sich schon steuerpflichtigen Schönheitsoperationen übertragbar ist.
BFH Urteil v. 18.10.2023 - XI R 18/20
3. Einkommensteuer - Zuordnung einer Leasingsonderzahlung zu den jährlichen Gesamtaufwendungen für betriebliche Fahrten im Rahmen einer Nutzungseinlage
Zur Ermittlung der jährlichen Gesamtaufwendungen für betriebliche Fahrten im Rahmen einer Nutzungseinlage ist eine Leasingsonderzahlung, die für ein teilweise betrieblich genutztes Fahrzeug aufgewendet wird, unabhängig vom Zeitpunkt der Zahlung den einzelnen Veranlagungszeiträumen entsprechend der Laufzeit des Leasingvertrags zuzuordnen.
Anmerkung: Die Idee war gut. Der Kläger war Freiberufler und ermittelte seinen Gewinn als Überschuss der Betriebsbeinnahmen über die Betriebsausgaben. Bei Betriebseröffnung im Dezember des Streitjahres hatte er einen PKW mit einer hohen Leasing-Sonderzahlung angeschafft, für die er aufgrund des hohen beruflichen Nutzungsanteils in diesem Monat fast 85% der Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend machen wollte.
Dem hat der BFH eine klare Absage erteilt und den Aufteilungsmaßstab für die Leasingsonderzahlung an Hand des vereinbarten Leasingzeitraums von 36 Monaten ermittelt.
BFH Urteil v. 12.03.2024 - VIII R 1/21
4. Gewerbesteuerprivileg - Umgekehrte Betriebsaufspaltung und erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
Aus einer sogenannten umgekehrten Betriebsaufspaltung kann wegen des Durchgriffsverbots eine originär gewerbliche Tätigkeit der Besitzkapitalgesellschaft nicht abgeleitet werden.
Das Durchgriffsverbot gilt bei der Besteuerung einer Besitzkapitalgesellschaft auch im Fall der mittelbaren Beteiligung der Betriebspersonengesellschaft an der Besitzkapitalgesellschaft über eine Kapitalgesellschaft (Abgrenzung zu dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16.09.2021 - IV R 7/18).
Praxishinweis: Bei einer sog. umgekehrten Betriebsaufspaltung wird nicht die Betriebsgesellschaft durch die Besitzkapitalgesellschaft, sondern die immobilienhaltende Besitzkapitalgesellschaft wird als Untergesellschaft durch die operativ tätige Betriebsgesellschaft beherrscht. Dem Urteilsfall lag die (nicht seltene) Besonderheit zu Grunde, dass eine originär gewerblich tätige KG über eine weitere GmbH nur mittelbar an der grundstückshaltenden GmbH beteiligt war. In diesem Fall hat die doppelstöckige GmbH-Struktur verhindert, dass die betriebliche Tätigkeit der Betriebs(ober)gesellschaft die Besitz(unter)gesellschaft gewerblich infiziert und deren Gewerbesteuerprivileg verloren geht.
BFH Urteil v. 22.02.2024 - III R 13/23
5. Erbschaft-/Schenkungsteuer – Ein gewerblich bewirtschaftetes Parkhaus ist erbschaftsteuerlich nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen!
Die im Rahmen eines Parkhausbetriebs den Mietern zur Nutzung überlassenen Parkplätze stellen erbschaftsteuerlich nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen dar. Eine einschränkende Auslegung der gesetzlichen Normen ist weder aus systematischen noch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten.
Praxishinweis: Das Urteil zeigt auch, wie wichtig eine genaue Betrachtung des jeweiligen Sachverhaltes ist. An Dritte zur Nutzung überlassene Grundstücke des Betriebsvermögens sind als „schädliches Verwaltungsvermögen“ bei der Unternehmensnachfolge nicht begünstigt. Eine Ausnahme gilt, wenn die Nutzungsüberlassung im Rahmen einer unbefristeten Verpachtung des ganzen Betriebs erfolgt, der Verpächter den Pächter in diesem Zusammenhang als Erben eingesetzt hat und die Verpachtung beim Verpächter zu gewerblichen Einkünften führt.
Im Urteilsfall lagen die grundsätzlichen Tatbestandsmerkmale für diese Ausnahme vor. Der Parkhausbetrieb war unbefristet an den Kläger (und Erben) verpachtet. Die Verpachtung führte beim Erblasser zu gewerblichen Einkünften.
Der vom Erblasser zum Zeitpunkt des Erbfalls an den Kläger als Erben verpachtete Parkhausbetrieb war jedoch bereits vor seiner Verpachtung Verwaltungsvermögen und damit erbschaftsteuerlich nicht begünstigt. Denn der Erblasser vermietete die im Parkhaus befindlichen Parkplätze als Grundstücksteile an die jeweils Parkenden und somit an außenstehende Dritte.
BFH Urteil v. 28.02.2024 - II R 27/21
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