News

Unwirksame Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - keine Lückenfüllung durch gesetzliche Vorschriften

AGB-Recht - 06.06.2024

Mit Urteil vom 08.12.2022 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass im Falle missbräuchlicher und deshalb unwirksamer Schadensersatzklauseln die gesetzlichen Regelungen zum Schadensersatz keine Anwendung finden, wenn der Vertrag auch ohne die unwirksame Klausel bestehen kann. Das Urteil ist auch bei der Gestaltung deutscher AGB zu berücksichtigen.

Der EuGH-Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein österreichischer Verbraucher schloss mit einem Unternehmer einen Kaufvertrag, verweigerte aber im Anschluss die Kaufpreiszahlung und die Abnahme des Kaufgegenstandes. Dem Kaufvertrag lagen die AGB des Unternehmers zugrunde. Danach konnte der Unternehmer im Falle eines unberechtigten Rücktritts des Verbrauchers, wahlweise entweder einen pauschalen Schadensersatz in Höhe von 20% des Kaufpreises oder Ersatz des tatsächlich entstandenen Schadens verlangen. Letzteres entspricht den österreichischen gesetzlichen Vorschiften zum Schadensersatz bei Vertragsbruch.

Die österreichischen Gerichte entschieden, dass die AGB-Regelung aufgrund der überhöhten Schadenspauschale insgesamt unwirksam ist und legte den Sachverhalt dem EuGH vor. Der EuGH sollte entscheiden, ob die durch Unwirksamkeit der Klausel entstandene Lücke im Vertrag durch Rückgriff auf die gesetzlichen Vorschriften geschlossen werden kann.

Der EuGH verneinte die Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelungen zwecks Lückenschließung, da der Vertrag in dem ihm vorliegenden Fall auch ohne die unwirksame Schadensersatzklausel aufrechterhalten werden konnte. Das Verwenden einer missbräuchlichen Klausel führte also zum gänzlichen Ausschluss der Schadenersatzhaftung des vertragsbrüchigen Verbrauchers!

Das Abschneiden gesetzlicher Rechte stellt neben der Unwirksamkeit von Klauseln und etwaigen Unterlassungsklagen eine gravierende Folge des Verstoßes gegen AGB-rechtliche Regelungen dar.

Die EuGH-Rechtsprechung könnte Auswirkungen auf das deutsche AGB-Recht haben: Im deutschen Recht sieht § 306 BGB im Falle unwirksamer AGB-Klauseln die Anwendung gesetzlicher Vorschriften zur Lückenschließung vor. Ob diese Regelung weiterhin unverändert Anwendung findet oder ob die deutschen Gerichte diese im Sinne der EuGH-Rechtsprechung auslegen werden, bleibt abzuwarten.

Unternehmer sollten ihre Verbraucher-AGB jedenfalls schon jetzt auf missbräuchliche Haftungsklauseln überprüfen lassen. Im schlimmsten Falle droht nämlich der vollständige Ausschluss der Verbraucherhaftung.