Dr. Joachim Gulich LL.M.
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Das OLG Düsseldorf hatte in seinem Grundsatzbeschluss vom 19.10.2011 (VII-Verg 54/11) entschieden, dass das Verbot der Übertragung ungewöhnlicher Wagnisse auf den Auftragnehmer mit der VOL/A – Novelle 2009 ersatzlos weggefallen ist.
Das Gericht hatte sich als Hintertür offen gelassen, dass trotz dieser Rechtsänderung einzelne Regelungen im Einzelfall unzumutbar und deshalb vergaberechtswidrig sein können. Genau durch diese Hintertür kehrt das ungewöhnliche Wagnis zurück (Beschluss vom 19.06.2013 - VII-Verg 4/13).
In der aktuellen Entscheidung hatte der Auftraggeber komplexe Rettungsdienstleistungen ausgeschrieben. Bei einer Vertragslaufzeit von nur einem Jahr, mit zwei Verlängerungsoptionen von jeweils 6 Monaten sollte der Auftragnehmer bereits 3 Tage nach Zuschlagserteilung mit der Ausführung beginnen.
Die Kumulation dieser Regelungen hält das OLG für "unangemessen". Bieter, insbesondere neue und ausländische, könnten von einer Teilnahme an der Ausschreibung abgehalten werden. Der vom Bieter bis zur Zuschlagserteilung zu erwartende Aufwand beschränke sich auf die zur Angebotserstellung erforderlichen Maßnahmen. Aufwendungen zur Vertragserfüllung würden nicht erfasst. Deshalb sei Bietern nach Zuschlagserteilung ausreichend Zeit einzuräumen, um alle für die Auftragsausführung erforderlichen Vorbereitungshandlungen treffen zu können. Die reguläre Vertragsdauer (Grundlaufzeit) von nur einem Jahr sei ebenfalls zu beanstanden. Sie benachteilige neue Anbieter und sei geeignet, sie von einer Teilnahme am Wettbewerb abzuhalten. Die Amortisation der Investitionen sei nicht gesichert.
Mit dieser Entscheidung relativiert das Gericht die weitreichende Aufgabe des Verbots ungewöhnlicher Wagnisse seit der VOL/A Novelle 2009. Bieter wird es freuen. Vergabestellen sollten in ihren Ausschreibungen keine Bedingungen stellen, die im gewerblichen Geschäftsverkehr nicht durchsetzbar sind.