Dr. Joachim Gulich LL.M.
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Eine Gemeinde schrieb Bauleistungen öffentlich aus. Der Vordruck des Angebotsschreibens sah ein Feld für eine "rechtsverbindliche Unterschrift" und einen Stempel des Bieters vor. Eine Angestellte des Bieters hatte das Angebot ohne einen Vertretungszusatz unterzeichnet und mit dem Firmenstempel versehen. Die Angestellte war weder Geschäftsführerin noch Prokuristin, jedoch intern zur Unterschrift berechtigt. Die Gemeinde schloss das Angebot des Bieters aus, da das Angebot nicht rechtswirksam unterschrieben sei.
Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 20.11.2012 – X ZR 108/10) stellte im Gegensatz dazu klar, dass das Angebot eines vollkaufmännischen Bieters nicht nur dann "rechtsverbindlich" unterschrieben ist, wenn es die Unterschrift des gesetzlichen Vertreters oder eines Prokuristen aufweist. Das Gesetz kennt bei Kaufleuten eine "rechtswirksame", nicht aus dem Handelsregister ersichtliche Vertretung durch andere Personen als gesetzliche Vertreter und Prokuristen. Es unterscheidet zwischen dem Bestehen von Vertretungsmacht und deren Nachweis. Sofern die Vergabeunterlagen eine "rechtsverbindliche" Unterschrift des Bieters verlangen, reicht es, dass der Unterschreibende im Innenverhältnis tatsächlich bevollmächtigt ist. Stellt der Auftraggeber die Rechtsverbindlichkeit der Unterschrift infrage, kann der Bieter die Berechtigung des Unterschreibenden auf Anforderung nachträglich beweisen.