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GulichDr. Joachim Gulich LL.M.
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Vergaberecht – Rügepflicht bei Vergaben unterhalb der Schwellenwerte

News - 02.08.2012

Die Vergabestelle schrieb einen Bauauftrag unterhalb der Europäischen Schwellenwerte national aus. Nach Submission hob sie die Ausschreibung wegen nicht ausreichender Finanzmittel auf und leitete später eine freihändige Vergabe ein. Ein Bieter beantragte daraufhin vor dem Landgericht Berlin, der Vergabestelle im Wege einer einstweiligen Verfügung ein Zuschlagsverbot aufzuerlegen. Das erste Vergabeverfahren sei unter Missachtung der Voraussetzungen des § 17 VOB/A aufgehoben worden. Das Fehlen hinreichender Haushaltsmittel sei nicht nachvollziehbar.

 

Das Landgericht Berlin wies den Eilantrag ab (Beschluss vom 05.12.2011 – 52 O 254/11). Primärrechtsschutz in Vergabeverfahren durch einstweilige Verfügung ist grundsätzlich möglich. § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB schütze aber selbst bei nationalen Vergaben die Interessen des Wettbewerbers, der für die Erteilung des Zuschlags vorgesehen ist. Daraus erwachse für den Antragsteller die Pflicht, auch in einem Verfahren unterhalb der Schwellenwerte behauptete vergaberechtliche Verstöße rechtzeitig gegenüber der Vergabestelle zu rügen. Nur dann sei es gerechtfertigt, durch einstweilige Verfügung ein Verfahren anzuhalten.

 

Diese Entscheidung ist systematisch konsequent. Sie demonstriert, dass sich die Strukturen des Primärrechtsschutzes in Verfahren oberhalb und unterhalb der Europäischen Schwellenwerte immer weiter einander annähern. Die Rüge ist daher in allen Vergabeverfahren zwingend, wenn ein Bieter meint, die Vergabestelle beachte seinen Interessen dienende vergaberechtliche Bestimmungen nicht.