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GulichDr. Joachim Gulich LL.M.
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Vergaberecht – Schadensersatz ohne geschütztes Vertrauen

News - 10.05.2011

In einem VOL/A-Vergabeverfahren rügte ein Bieter nach anwaltlicher Prüfung die vergaberechtswidrige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien. Auf seinen Nachprüfungsantrag verpflichtete das OLG die Vergabestelle zur Aufhebung des Verfahrens. Der Bieter verlangte daraufhin erfolgreich als Schadensersatz Erstattung seiner anwaltlichen Beratungskosten für die Phase vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens (BGH, Urteil vom 09.06.2011, Az.: X ZR 143/10).

 

Das subjektive Bieterrecht aus § 97 Abs. 7 GWB führt zu Rücksichtnahmepflichten des Auftraggebers gemäß § 241 Abs. 2 BGB. Die Verwendung nicht vergaberechtskonformer Unterlagen stellt einen Verstoß gegen § 241 Abs. 2 BGB dar. Ein Bieter hat ein geschütztes Interesse, dass seine Aufwendungen für das Verfahren wettbewerbskonform verwendet werden können. Muss der Auftraggeber wegen Vergaberechtsverstößen aufheben, verletzt er diese ihn treffenden Rücksichtnahmepflichten. Er ist deshalb nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet.

 

In diesem Urteil verlangt der BGH erstmals nicht mehr, dass der Bieter auf die Rechtmäßigkeit des Verfahrens vertraut haben muss. Schon die Verletzung der Rücksichtnahmepflicht begründet den Schadensersatzanspruch des Bieters. Das Verschulden hatte der BGH ebenfalls festgestellt. Allerdings deutet die Entscheidung darauf hin, dass es in Zukunft auf Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht einmal mehr auf ein Verschulden des Auftraggebers ankommen könnte. Jedenfalls für den Ersatz der Angebots- und Beratungskosten bei Vergabeverstößen hängen mit dieser Entscheidung die Trauben des Schadensersatzes erstmals etwas niedriger.