Dr. Joachim Gulich LL.M.
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Der Auftraggeber schrieb Bauarbeiten an einem Küstenkanal aus. Zentrale Leistung war das Rammen von Spundwänden aus Stahl. Der vorgesehene Zuschlagstermin musste wegen eines Vergabenachprüfungsverfahrens vom 18.03. auf den 14.06. verschoben werden. Damit verschob sich zugleich der Ausführungszeitraum um drei Monate nach hinten. Der Auftragnehmer wies anhand seiner Vorlieferanten – Angebote nach, dass er infolge der Verschiebung der Bauzeit den Stahl teurer einkaufen musste, als es bei unverzögerter Beauftragung und Ausführung der Fall gewesen wäre.
Der BGH (Beschluss vom 10.01.2013 – VII ZR 37/11) verurteilte den Auftraggeber zur Zahlung der angemeldeten und nachgewiesenen Mehrkosten. Das Risiko von Vergabeverfahren trägt der Auftraggeber. Europäisches Vergaberecht steht nicht entgegen. Es liegt keine nachträgliche (nach Vergaberecht unzulässige) Vertragsänderung vor. Im Gegenteil ist eine Anpassung der Bauzeit und gegebenenfalls auch der Vergütung von vornherein dem beabsichtigten Vertrag immanent, wenn sich diese kalkulationserheblichen Parameter bereits vor Zuschlag verschieben (Ergänzende Vertragsauslegung). Selbst eine nachträgliche Vertragsänderung wäre in diesem Umfang vergaberechtsneutral. Sofern vom Auftraggeber nicht vorhersehbare Umstände eine nachträgliche Vertragsänderung erforderlich machen, die die Hälfte des Werts des ursprünglichen Auftrags nicht überschreitet, ist diese Nachbeauftragung des ursprünglichen Auftragnehmers ohne neue Ausschreibung zulässig.
Mit dieser Entscheidung stärkt der BGH erneut die Rechte von Auftragnehmern, die nach einer Verschiebung von Zuschlagstermin und Ausführungszeitraum Zusatzvergütungsansprüche durchsetzen wollen.