News

Verwaltungsrecht: Zeitlich unbegrenzte Festsetzbarkeit vorteilsausgleichender kommunaler Abgaben ist verfassungswidrig

News - 07.01.2013

Auch im Kommunalabgabenrecht kann es überraschend neue Erkenntnisse von besonderer Tragweite geben. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 05.03.2013, Az.: 1 BVR 2457/08, eine jahrzehntelang geltende, unangefochtene Rechtsauffassung, die auch in einer Reihe von Bundesländern Gesetzesform erhalten hat, für verfassungswidrig erklärt. Es geht um Regelungen, nach denen eine sachliche Beitragspflicht im Beitragsrecht erst mit Vorliegen einer wirksamen Satzung entstehen kann. Im Erschließungsbeitragsrecht galt bisher die gesicherte Erkenntnis, dass eine Beitragspflicht nicht entstehen konnte, wenn die Erschließungsbeitragssatzung einer Kommune nichtig war. Dazu reichte schon die Unvollständigkeit der Satzung aus. Ist erst Jahre nach Entstehen der tatsächlichen Vorteilslage eine neue Satzung in Kraft gesetzt worden, konnte die Beitragspflicht erst mit Inkrafttreten dieser Satzung entstehen. Das beeinflusste den Lauf der Verjährungsfrist, denn der Beginn der Festsetzungsverjährungsfrist knüpft an den Ablauf des Jahres an, in dem die sachliche Beitragspflicht entsteht. So konnten Erschließungsbeiträge oft noch nach Jahrzehnten erhoben werden, während die hergestellte Straße bereits wieder sanierungsbedürftig war. Damit soll nun Schluss sein. Das Bundesverfassungsgericht leitet aus dem Rechtsstaatsprinzip ab, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen müsse, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss. Je weiter der Zeitpunkt der Vorteilserlangung bei der Beitragserhebung zurück liegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge.

 

Konkret hat das Bundesverfassungsgericht eine Regelung im Bayerischen Kommunalabgabengesetz beanstandet. Der Grundgedanke der Entscheidung ist aber auf das Erschließungsbeitragsrecht und landesgesetzliche Regelungen zu Straßenausbaubeiträgen und Abwasserbeiträgen (z. B. in Sachsen-Anhalt und Thüringen) übertragbar.

 

Allein in Niedersachsen galt für landesrechtlich zu erhebende Beiträge schon immer der Grundsatz, dass eine wirksame Satzung nicht Beitragserhebungsvoraussetzung ist.