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Vorsicht bei Schätzungen von Wasser- und Abwassermengen im Gebührenrecht

Kommunalabgabenrecht - 05.06.2019

In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass bezogene Frischwassermengen vom Wasserversorger nicht abgelesen, sondern geschätzt werden. Eine solche Schätzung ist grundsätzlich zulässig, sie muss aber alle Umstände berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (z. B. Jahresvorverbrauch und Anzahl der in einem Haus lebenden Personen). Kritisch wird es, wenn die Schätzung nicht von dem Bemühen getragen wurde, dem wahren Sachverhalt möglichst nahe zu kommen und – manchmal über mehrere Jahre – zu niedrig war. Aufgedeckt wird die zu niedrige Schätzung in der Regel, wenn in einem nächstfolgenden Jahr der Verbrauch abgelesen wird und die Menge den geschätzten Verbrauch der Vorjahre um ein Vielfaches übersteigt, ohne dass es dafür schlüssige Erklärungen gibt. Bisher war es üblich den festgestellten Mehrverbrauch in dem Erhebungsjahr, in dem abgelesen wurde, abzurechnen, auch wenn der tatsächliche Verbrauch bereits in den Vorjahren erfolgte.

In einer aktuellen Entscheidung des Nds. Oberverwaltungsgerichtes vom 19.12.2018 (9 LA 48/18) ist diese bisher übliche Praxis beanstandet worden, weil dem jährlichen Erhebungszeitraum Verbrauchsmengen zugeschlagen werden, die tatsächlich schon in vorhergehenden Erhebungszeiträumen angefallen sind. Da sich gewöhnlich die Abwassergebühren auch nach dem Frischwasserverbrauch berechnen, schlägt sich dieser Fehler sowohl auf die Berechnung der Wassergebühren als auch auf die der Abwassergebühren nieder. Ein beide Gebühren festsetzender Bescheid wurde aufgehoben, weil der für den Bescheid verantwortliche Wasser- und Abwasserverband eine Schätzung für den aktuellen Erhebungszeitraum nicht mehr hinreichend sicher nachholen konnte.