Katarzyna Chabas
Rechtsanwältin
Fachanwältin für
Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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Der seit dem 01.12.2020 neu gefasste § 28 Abs. 1 S. 1 WEG regelt, dass die Wohnungseigentümer „zu den Vorschüssen zur Kostentragung und zu den […] Rücklagen“ beschließen. Die Beschlusskompetenz bezieht sich dem Wortlaut des Gesetzes nach somit nicht mehr auf den Wirtschaftsplan als solchen, sondern ausschließlich auf Vorschüsse und Rücklagen. Der Verwalter bleibt gemäß § 28 Abs. 1 S. 2 WEG aber zum Aufstellen des Wirtschaftsplans auch weiterhin verpflichtet.
Seit Inkrafttreten des WEMoG entfachte eine Diskussion darüber, ob Beschlüsse „über den Wirtschaftsplan“ mangels Beschlusskompetenz nunmehr nichtig seien. Dies hätte in der Praxis weitreichende Folgen, weil zahlreiche seit dem 01.12.2020 anhand des altbewährten Musters gefasste Beschlüsse nichtig und damit auch nach Ablauf der gesetzlichen Anfechtungsfrist nicht durchsetzbar wären.
Das Landgericht Frankfurt a.M. hat in einem Beschluss vom 20.04.2022 - 2-13 T 15/22 jedoch verdeutlicht, dass die fehlende Berücksichtigung der seit dem 01.12.2020 geltenden Rechtslage bei Beschlussfassung „über den Wirtschaftsplan“ nicht zur gesamten Nichtigkeit des Beschlusses führen könne. Zwar hat das Landgericht Frankfurt a.M. die Teilnichtigkeit des Beschlusses - jedenfalls in Bezug auf den Beschluss über den Wirtschaftsplan als solchen nicht ausgeschlossen. Gleichwohl sei nach Auffassung des Landgerichts der Beschluss über die Vorschüsse und Rücklagen isoliert betrachtet nicht nichtig und könne daher für sich allein stehen. Das mit der Sache zuvor befasste Amtsgericht hatte die Rechtslage hiervon abweichend beurteilt und Nichtigkeit des gesamten Beschlusses angenommen.
Der Bundesgerichtshof hat diese in Literatur und Rechtsprechung streitige Frage bislang nicht geklärt. Auch wenn die Auffassung des Landgerichts Frankfurt a.M. zutreffend erscheint, empfehlen wir, den Wortlaut der zu fassenden Beschlüsse an den Wortlaut des seit dem 01.12.2020 geltenden Gesetzes anzupassen und die Beschlüsse nicht mehr über den Wirtschaftsplan, sondern über die Vorschüsse und Rücklagen zu fassen.