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GulichDr. Joachim Gulich LL.M.
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Wie ist ein unangemessen niedrig erscheinender Preis aufzuklären?

Vergaberecht - 23.02.2022

VK Bund, Beschluss vom 15.11.2021 - VK 1-112/21

Die Vergabekammer des Bundes hat mit Beschluss vom 15.11.2021 (VK 1-112/21) klargestellt, dass öffentliche Auftraggeber verpflichtet sind, die Preisbildung eines Angebotes zu prüfen, sofern der Abstand zwischen dem Angebot des bestplatzierten und dem Angebot des zweitplatzierten Bieters mehr als 20 % beträgt.

Die Aufklärung muss neben rechnerischen Unklarheiten alle preisrelevanten inhaltlichen Aspekte des Angebots einbeziehen. Sie erfordert eine konkrete Auseinandersetzung mit den Angaben des Bieters in den von ihm anzufordernden Unterlagen über die Preisermittlung. Eine korrekte Aufklärung muss bei pflichtgemäßer Anstrengung des öffentlichen Auftraggebers eine gesicherte Tatsachengrundlage für die Feststellung bieten, dass

  • das Angebot entweder angemessen ist, oder 
  • der Bieter im Falle eines (zulässigen) Unterkostenangebots wettbewerbskonform in der Lage ist, seine vertraglichen Leistungspflichten ordnungsgemäß zu erfüllen.

Diese Entscheidung ist unter zwei Blickwinkeln bedeutsam:

  • Erstens nennt die Vergabekammer des Bundes eine Angebotspreisdifferenz von 20 % als konkrete Aufgreifschwelle für eine Angemessenheitsprüfung. 
  • Zweitens definiert die Vergabekammer die Qualität und Tiefe der Angemessenheitsprüfung. Öffentliche Auftraggeber werden sich nicht mehr mit der branchenüblichen Standarderklärung des Bieters „die Position ist auskömmlich kalkuliert“ zufriedengeben können.