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Zitiergebot bei örtlichen Bauvorschriften

Öffentliches Recht - 07.08.2019

Örtliche Bauvorschriften, die nach Inkrafttreten der NBauO 2012 erlassen wurden und Gestaltungsvorschriften nach § 84 Abs. 3 NBauO enthalten, sind unwirksam, wenn sie als Rechtsgrundlage nur "§ 84 NBauO" angeben. Es muss mindestens der Absatz mitzitiert werden, d. h. § 84 Abs. 3 NBauO. Das entschied das Nds. Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 18.06.2019, Az.: 1 KN 64/15.

§ 84 NBauO 2012 enthält anders als § 56 NBauO a. F. Ermächtigungen für örtliche Bauvorschriften mit unterschiedlicher Zielsetzung. Gemäß § 84 Abs. 1 und Abs. 2 NBauO 2012 können die Gemeinden örtliche Bauvorschriften zur Anlage von Spielplätzen, zur Anzahl notwendiger Einstellplätze oder zur Herstellung von Garagen und Stellplätzen erlassen. Diese örtlichen Bauvorschriften werden als Satzung im eigenen Wirkungskreis erlassen. Sie unterliegen nicht dem strengen Zitiergebot des Art. 43 Abs. 2 S. 1 Nds. Verfassung.

Davon zu unterscheiden sind die örtlichen Bauvorschriften zur Verwirklichung bestimmter städtebaulicher, baugestalterischer und ökologischer Absichten gemäß § 84 Abs. 3 NBauO 2012 (früher § 56 NBauO alte Fassung), sog. Gestaltungssatzungen. Dazu gehören z. B. Anforderungen an die äußere Gestaltung von Gebäuden wie Auswahl der Baustoffe und Farben oder die Neigung von Dächern. Diese örtlichen Bauvorschriften werden von der Gemeinde im übertragenen Wirkungskreis ("Rechtsverordnungen in Satzungsform") erlassen. Diese örtlichen Bauvorschriften unterliegen dem strengen Zitiergebot des Art. 43 Nds. Verfassung.

Das Zitiergebot verlangt, die Rechtsgrundlage so genau anzugeben, dass eine von Zweifeln freie Identifikation möglich ist. Da § 84 NBauO 2012 (mindestens) drei Rechtsgrundlagen in den verschiedenen Absätzen enthält, ist nach der Entscheidung des Nds. Oberverwaltungsgerichts allein die Benennung von "§ 84 NBauO" nicht geeignet, dem Zitiergebot Genüge zu tun. Erforderlich ist mindestens die Angabe des Absatzes (§ 84 Abs. 3 NBauO). Ob auch die herangezogene Nummer des Absatzes 3 genannt werden muss, ließ das Gericht offen. Will die Gemeinde auf der sicheren Seite sein, sollte sie zusätzlich die herangezogenen Nummern des Abs. 3 angeben.

Wir empfehlen, örtliche Bauvorschriften, die auf Grundlage des § 84 Abs. 3 NBauO 2012 erlassen wurden, auf eine ausreichende Angabe der Rechtsgrundlage zu prüfen und fehlerhafte Satzungen neu zu erlassen. Die nicht ausreichende Angabe der Ermächtigungsgrundlage ist keine unbeachtliche Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften nach § 214 BauGB, sondern hat zur Folge, dass die örtliche Bauvorschrift nicht wirksam wird.